An den Dreißig Silberlingen

Am 9. Juli 2003 wurde von Pfarrer Norbert Bolz das jetzige neue Pestkreuz im Rahmen einer kleinen Feier eingesegnet. Es ist wohl das einzige Kreuz dieser Art in Stolberg. An dem alten Kreuz aus dem Jahre 1929 von Schreiner Franz Johag, hatte der Zahn der Zeit so kräftig genagt, dass es vom Bauhof der Stadt Stolberg abgebaut wurde. Aber auch dieses Kreuz hatte noch ein Vorgängerkreuz, das bereits im Jahre 1843 vom Schreiner W. Mohr gefertigt und errichtet worden war.

Was war der Anlass? Es war eine drohende Choleraepidemie. Wegen der heraufziehenden Katastrophe wurde an dieser Stelle, die auch seit jeher von den Mausbachern „An den dreißig Silberlingen“ genannt wird, 1843 ein besonderer Begräbnisplatz für Choleratote eingerichtet und dieses sogenannte Pestkreuz als Friedhofskreuz aufgestellt. Entsprechend zeigt es auch die Leidenswerkzeuge Jesu als Symbole dieser Geißel der Menschheit.

Wie kam es nun im neunzehnten Jahrhundert zu dieser späten Bedrohung durch die Cholera?¹ Eigentlich war die Cholera ja eine Krankheit des Mittelalters, als die Pest ganze Städte dahinraffte. 1817 brach jedoch damals eine neue große Choleraepidemie in Südostasien aus und verbreitete sich unaufhörlich in Richtung Morgen- und Abendland. Von dort trat die Krankheit dann auch ihre Reise zu uns an. In der islamischen Welt folgte sie den Straßen der Pilger über Damaskus nach Mekka und Jeddah.

Nordwärts zog sie über Russland Richtung Mitteleuropa, erreichte 1830 Odessa und Moskau, wo sie 4500 Menschen ins Grab riss. Über Königsberg und Danzig breitete sie sich in der Folgezeit weiter nach Westen und Süden aus, erreichte schließlich 1831 auch Berlin und Hamburg. Im selben Jahr starben dort 1400 und 1600 Menschen. Und 1832 hatte sie dann den Westen Deutschlands erreicht. Sie war unserer Heimat bedrohlich nahe gekommen. Düsseldorf erließ radikale Vorsichtsmaßregeln. Der Schiffsverkehr auf dem Rhein wurde eingestellt. Einreisende aus verseuchten Gebieten mussten sich einer zehntägigen Quarantäne unterziehen.

Gegen die Krankheit gab es kein Heilmittel. Deswegen galt es, Kontakte mit Kranken zu vermeiden – auch mit Toten, die von der Cholera dahingerafft worden waren. Und so schuf man Begräbnisplätze und Siechenhäuser außerhalb der Ortschaften. Cholerakranke und Choleratote sollten von Gesunden ferngehalten werden.

So wurde auch hier in Mausbach, „Am Burgholz“ ein Begräbnisplatz für Choleratote angelegt und dort auch 1842 das erste Pestkreuz als Friedhofskreuz aufgestellt. Glücklicherweise musste der Friedhof nie belegt werden.

Man schätzt, dass seit Beginn der Ausbreitung in Deutschland um 1830 mehr als eine halbe Million Menschen an der Cholera gestorben sind. Das Pestkreuz steht als Zeichen des Gedenkens an diese Katastrophe, die im Jahr 1817 in Südostasien ihren Anfang nahm.

Informationen zur Lage / Lokation

🧭 50.759898 N 6.263744 O
Gemarkung Gressenich (4255), Flur 6, Flurstück 604
Eigentümerin Stadt Stolberg

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