Küster-Haus Am Pütz – Essiger Straße 54

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts beauftragte der Pfarrgründer Arnold Salmagne den Schneider und Küster Laurenz Schmitz damit, im Winter den Unterricht für die Dorfjugend zu übernehmen. Während der Sommermonate ruhte die Schule jedoch vollständig, da die Kinder bei der Feldarbeit gebraucht wurden. Nach dem Tod von Schmitz ernannte Salmagne den Weber Kaspar Winter zum neuen Küster und Schulmeister. Unterrichtet wurde in der Wohnstube des Küsters am Pütz.

Die Lernbedingungen waren einfach: Die älteren Schüler saßen am Tisch, die mittleren auf Bänken entlang der Wände und die jüngsten Kinder auf dem Boden. Schiefertafeln wurden oft aus dem Material des Kirchendachs gewonnen, denn nur dieses war mit Schieferplatten gedeckt, während alle übrigen Häuser Strohdächer hatten. Nach jedem Sturm suchte man daher den Bereich rund um die Kirche ab, um brauchbare Tafeln zu finden. Schüler, die bereits mit Feder und Tinte schrieben, erhielten von ihrem Lehrer sorgfältig zugeschnittene Gänsefedern.

Der Schulmeister erhielt seinen Lohn hauptsächlich in Form von Naturalien wie Brot, Butter, Getreide, Speck, Brennholz und saisonalen Früchten. Im Winter brachte jedes Kind zudem täglich ein Holzscheit mit, um den Ofen im Schulraum zu heizen. Darüber hinaus stand vielen Lehrern der sogenannte Wandertisch zu – das tägliche Essen bei jeweils einer anderen Schülerfamilie. Schulmeister Winter legte sein Amt im Jahr 1836 nieder, woraufhin der erste geprüfte Lehrer des Ortes, Anton Breuer, seine Nachfolge antrat.

Am 21. Januar 1858 kam es zu einem folgenschweren Vorfall: Breuer bestrafte den 11½-jährigen Jakob Salmagne, weil dieser einen unzureichenden Aufsatz abgegeben und Blätter aus seinem Heft entfernt hatte. Nach Angaben von Peter Anton Breuer handelte es sich um mehrere Schläge mit der flachen Hand. Tags darauf erhielt der Lehrer die Nachricht, Jakob könne seit der Züchtigung nicht mehr laufen. Es folgte ein Gerichtsverfahren, in dem Breuer am 13. Oktober 1858 zu einem Jahr Haft, zur Übernahme aller Kosten und zu zwei Jahren Berufsverbot verurteilt wurde.

Breuer behauptete später, Pfarrer Matthias Grein sowie der Ortsvorsteher und Hufschmied Bernard Flamm hätten das harte Urteil durch Intrigen beeinflusst. Mit einem neuen Anwalt legte er Berufung ein. Das Appellationsgericht reduzierte die Strafe schließlich auf drei Monate Gefängnis, gekoppelt mit der Verpflichtung, sämtliche Kosten zu tragen. Ein Gnadengesuch an Wilhelm von Preußen blieb am 21. Mai 1859 erfolglos.

Breuer musste daraufhin am folgenden Montag seine Haft in Aachen antreten. Vom 23. Mai bis zum 21. August 1859 verbüßte er dort seine Strafe und wurde im Verwaltungsbüro eingesetzt. Nach seiner Entlassung empfingen ihn 40 bis 50 seiner Schüler am Bahnhof in Stolberg. Weiterreisen musste er dennoch nach Eschweiler, da er dort Weisungen des Schulinspektors Deckers entgegennehmen sollte. Am 22. August 1859 kehrte Breuer schließlich in seinen Dienst nach Mausbach zurück und unterrichtete dort bis zum Jahr 1876.

Mädchenschule

An der früheren Essiger Straße

Bereits im Jahr 1815, kurz nachdem das Rheinland preußisch geworden war, empfahl die Regierung der Gemeinde den Bau eines eigenen Schulhauses. Der Gemeinderat von Gressenich verweigerte jedoch das benötigte Bauholz, sodass das Vorhaben noch über zwei Jahrzehnte hinausgeschoben wurde. Erst als einige Jahre später die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde und die Zahl der Kinder von 40 auf 105 anstieg, wurde der Druck größer – zeitweise musste sogar im Wechselunterricht unterrichtet werden.

Nach den Aufzeichnungen der Gemeindechronik entstand 1837 schließlich das neue Schulgebäude, das im Obergeschoss auch eine Lehrerwohnung erhielt. Ein Jahr später, 1838, segnete Pfarrer Rübsteck das Haus feierlich ein, und der Unterricht konnte beginnen. Die Jungen besuchten damals die Schule am Markt, während die Mädchen im Gebäude an der Essiger Straße unterrichtet wurden.

Durch das starke Bevölkerungswachstum wurde das Schulhaus mehrfach erweitert: 1850 kam ein zusätzlicher Klassenraum hinzu, 1865 eine dritte Klasse. Bis 1940 diente das Gebäude als Volksschule, anschließend wurde es zur landwirtschaftlichen Kreisberufsschule umfunktioniert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Gemeinde das Haus als Jugendheim, Gemeindebücherei sowie für Sitzungen der kommunalen Ausschüsse. Auf historischen Fotos sind im Umfeld des Gebäudes noch Fragmente der im Krieg zerstörten Pfarrkirche St. Markus zu sehen. Diese Säulenreste, die beim Wiederaufbau der Kirche nicht mehr benötigt wurden, brachte man später zum Industriegelände Diepenlinchen, wo sie als Baumaterial zum Einsatz kamen. Pläne, das Schulgebäude zu einem Postamt umzubauen, wurden schließlich verworfen.

In den Jahren 1964/65 wurde das Gebäude abgerissen.

Informatione zur Lage / Lokation

🧭 50.757642 N 6.275730 O
Gemarkung Gressenich (4255), Flur 25, Flurstück 394
Eigentümerin Stadt Stolberg

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